Götterhand auf der Soraer Teufelskanzel

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Gedanken und Schlussfolgerungen


Welche Prämissen lassen sich für die Zeit der Entstehung des "Götterhandphänomens" definieren:
  

1. Die Sonne stand ca. 2° tiefer als heute - dass heißt, Minimum 3000 Jahre vor der Zeitrechnung.
2. Das Klima gestattete häufig freien Blick zum Himmel. 
3. Die Berge waren baumfrei.
4. Für den Menschen bestand eine zwingende Notwendigkeit zur Schaffung eines Hilfsmittels für die genaue Bestimmung des Herbstanfangs, der Winter-/Jahresmitte, des Frühlingsbeginns und der Sommersonnenwende. 
5. Es gab Gründe, die Hilfsmittel zur Gliederung des Jahres an vielen Orten zu errichten.
6. Die Schöpfer der Götterhandphänomene konnten abstrakt denken, wussten sich am Himmel zu orientieren, konnten Wissen und Erfahrungen an andere weitergeben, beherrschten Technologien zur Bearbeitung und Bewegung großer Steine; sie legten wenig Wert auf Aufgeräumtheit und steinerne Ornamente, bauten größtenteils mit minimalen Aufwand unter Ausnutzung natürlicher Gegebenheiten.
7. Die Schöpfer besaßen keine Metallwerkzeuge, die erkennbare Steinbearbeitungsspuren hinterlassen hätten.
8. Die Nutzer des "Götterhandphänomens" lagerten bzw. wohnten häufig auf Bergen in der Nähe von Felsen. 
9. Sie lebten bzw. bewegten sich in einem Gebiet, dass sich mindestens von den Königshainer Bergen bei Görlitz bis in die Gegend um Forbach in den Schwarzwald und Eggenburg in Österreich erstreckte, möglicherweise in ganz Europa und bis nach Asien hinein.

Welche der einst in der Oberlausitz lebenden Kulturen erfüllen diese Prämissen?

Die Sorben: 

Sie erfüllen die Voraussetzungen 
4. und teilweise 3., 5., 6. und 9.
Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen
1., 2., 7., 8. und teilweise 3., 5., 6. und 9.

zu 1.
Die Siedlungszeit der Sorben begann in der Lausitz ab dem 7. Jahrhundert.
Die Sonne stand bis 3000 vor unserer Zeitrechnung jedoch nie 2° niedriger als heute.

zu 2.
Das Klima gestattete Ackerbau und Viehzucht und war vergleichbar mit dem heutigen.

zu 3.
Die betreffende Bergregion gilt für diese Zeit als Urwald und weitestgehend unbesiedelt.
Im Bereich von Siedlungen wurden Bäume zum Bau von Häusern und zum Heizen der Herdestelle geschlagen. Für den aufkommenden Ackerbau gewann man Flächen häufig durch Brandrodung.

zu 4.
Die Sorben gliederten die Zeit in messbare Kategorien. Der Jahreszyklus der Sonne wurde in vier Jahreszeiten unterteilt. Sommer und Winter dienten als Maß für das Ablaufen des Jahres. Die vormaligen Nomaden wurden sesshaft und betrieben in der Folge Ackerbau, wofür ein  zuverlässiger Kalender erforderlich wurde.

zu 5.
Die Sorben lebten in Familienclans. Dörfer trugen den Namen des jeweiligen Familienoberhauptes. Die Vielzahl der Dörfer machte auch ein Vielzahl an Kalendermöglichkeiten Notwendig. 

zu 6.
Als ehemaliges Nomadenvolk wussten die Sorben sich anhand von Himmelsrichtungen zu orientieren. Das Weltverständnis war der Zeit angemessen und die Religiosität stark ausgeprägt. Zahlreiche Kultstätten sind überliefert. Bauten waren vorzugsweise aus Holz. Man schuf Götterskulpturen und legte allgemein großen Wert auf Ornamente und Verzierungen. Es gab klare  Gesellschaftsstrukturen. 

zu 7.
Die Schmiedekunst der Sorben fand in der Historie keine Erwähnung.
Berühmt waren sie hingegen für ihre Pferdezucht. Über den Handel mit Pferden 
gelangten zweifellos auch alle für die damalige Zeit üblichen Metallwerkzeuge in Ihren Besitz.

zu 8.
Die Wohnplätze der Sorben in der betreffenden Region sind zum größten Teil bekannt. Sie befinden sich vorzugsweise in den den Gebirgsregionen vorgelagerten Ebenen.

zu 9. 
Die Ausdehnung des Siedlungsraumes der Sorben ist noch nicht gänzlich erforscht.
Nachgewiesen wurde er in westlicher Richtung bis zur Saale.

Die Ackerbauern und Viehzüchter beginnend vom Neolithikum über die Lausitzer Kultur bis zu den Burgunden:

Sie erfüllen die Voraussetzungen
4. und teilweise 3., 5., 6. und 9.
Sie erfüllen nicht die Voraussetzungen
1., 2., 7., 8. und teilweise 3., 5., 6. und 9.

zu 1. 
Die  Jäger und Sammler der ausgehenden Eiszeit drangen mit der Erwärmung vom Hochland in das Tiefland vor. Siedlungen befanden sich häufig an Flüssen. Die Fischerei erlangte  Bedeutung. An Elbe und Oder erschienen  im 6. und 5. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung die ersten Menschen, die ihre Nahrungsmittel durch Feldbau und Viehzucht produzierten. 
Bis zur Mitte des 3. Jahrtausend lebten Jäger und Sammlertrupps in den Urwäldern mit den Ackerbauern und Viehzüchtern nebeneinander.
Die Wissenschaft hat über den Höhenwinkel der Sonne gegenwärtig jedoch nur bis 3000 Jahre vor der Zeit gesicherte Erkenntnisse.

zu 2.
Das Klima gestattete Ackerbau und Viehzucht und war teilweise milder als als heute.
Die Temperaturen sanken in der Lausitz auch in den kältesten Monaten kaum unter -2°C.

zu 3.
Offenen Waldsteppen folgten geschlossene Laub- und Mischwälder mit dichtem Unterwuchs. Sie bedeckten bald nahezu das ganze nicht vom Menschen bewirtschaftete Gebiet.

zu 4.
Das milde Klima jener Zeit gestattete mehrere Ernten im Jahr und ein genauer Aussaattermin hatte daher noch nicht die Bedeutung wie in späteren, kühleren Zeiten.
Dennoch dürfte ein zuverlässiges Kalendersystem für die Landwirtschaft und das Leben allgemein auch zu jener Zeit von großem Nutzen gewesen sein.

zu 5.
Man lebte in Sippen und Siedlungsgemeinschaften. Waren die Böden durch die Landwirtschaft ausgezehrt und brachten keinen Ertrag mehr, wurde der Wohnplatz einfach gewechselt und neues Land gerodet. Eine Vielzahl an Kalendermöglichkeiten war notwendig.

zu 6.
An die Stelle der wechselnden Rastplätze nomadisierender Jäger und Sammler traten kleine Weiler bis hin zu ausgedehnten festen Siedlungen.
Urwald wurde gerodet, Steinwerkzeuge wurden nicht mehr nur grob zugeschlagen sondern auch geschliffen und gebohrt.
Der Lehm wurde als Werkstoff zur Herstellung von Gefäßen, Spinnwirteln u.ä. entdeckt.
Kleidung, Schmuck, Werkzeug und Keramiken wurden mit Ornamenten und Mustern verziert.
Zahlreiche Großstein- und Hügelgräber stammen aus jenen Zeiten.

zu 7.
Steinwerkzeuge wurden immer kunstfertiger.
In der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v.u.Z. lernten die neolitischen Gemeinschaften der Lausitz, aus Kupfer und Zinn, die Bronze für die Herstellung von Schmuck und Werkzeugen zu nutzen. Ab dem 7. Jahrhundert vor unserer Zeit war auch das Eisen und seine Bearbeitung bei den Bewohnern zwischen Elbe und Oder bekannt.     


zu 8.
Wohnplätze dieser Kulturen werden trotz einiger jüngerer Höhenburgen wie zum Beispiel dem Schafberg bei Löbau, dem Schmoritz bei Großpostwitz, dem Protschenberg in Bautzen, dem Totenstein bei Königshain und dem Oybin bei Zittau vorwiegend in den den Gebirgsregionen vorgelagerten Ebenen vermutet.

zu 9. 
In der betreffenden Region dominierte in der Jungsteinzeit, dem Neolithikum, die Kultur der Linienbandkeramik ihre Ausdehnung erstreckte sich von den Königshainer Bergen bis zum Schwarzwald und weit darüber hinaus. Die Lausitzer Kultur hingegen trägt einen stark regionalen Charakter. Die Siedlungsgebiete der Germanischen Völker wechselten im Zuge der Völkerwanderung und sind nicht immer klar umrissen.

Die Jäger und Sammler der Eiszeit:

Sie erfüllen prinzipiell alle genannten Voraussetzungen!

zu 1.
Die letzte Eiszeit, die Weichselkaltzeit, dauerte von 90000 - 20000 v.u.Z. Das Inlandeis war bis in die Lausitz vorgedrungen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass die Erdachse zu jener Zeit, als Ursache oder Resultat der Vereisung, mitunter stärker geneigt war als heute, wodurch ein Höhenwinkel zur Sonne von - 2° zu heute wahrscheinlich gegeben war.

zu 2.
Es gab relativ wenig Niederschläge, weil Wasser zu großen Teilen im Inlandeis gebunden war. Der Meeresspiegel war mitunter so niedrig, dass man England vom europäischen Festland zu Fuß erreichen konnte. Eine überwiegend gute Sicht zur Sonne war dadurch für jene Zeit gegeben.

zu 3.
Die dem Inlandeis vorgelagerten Gebiete, waren lange Zeit fast vollständig baumlos, vergleichbar mit den heutigen Tundren. 
Erst ab dem 8. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung begannen dichte mit Birken, Erlen und Weide durchwachsene Nadelwälder das Tiefland zu bedecken. Gegen Ende das 7. Jahrhunderts v.u.Z. nahm der Anteil an Laubwald zu.

zu 4.
Das fehlen der Laubbäume und damit die Ankündigung des nahenden Winter durch Laubfall machten möglicherweise ein zuverlässiges Hilfsmittel zur Bestimmung der Jahreszeiten notwendig. Zum Beispiel um rechtzeitig Wintervorräte anzulegen und Winterquartiere errichten zu können. 

zu 5.
Die Jäger der Eiszeit waren Nomaden, sie lebten in kleinen Gruppen (Sippen) dezentral und an vielen verschiedenen Wohnplätzen, was wahrscheinlich auch eine Vielzahl an Sonnenbeobachtungsmöglichkeiten  notwendig machte.

zu 6.
Die Jäger der Eiszeit konnten abstrakt denken, sie jagten teilweise organisiert in größeren Gruppen und verständigten sich daher durch Sprache. Als Nomaden orientierten sie sich an Himmelsrichtungen. Die ältesten existierenden Kunstwerke der Menschheit, Tierschnitzereinen, wurden vor ca. 40000 gefertigt. Die Menschen beherrschten damals bereits Technologien zur Bewegung großer Steine. Sie bauten größtenteils mit minimalen Aufwand unter Ausnutzung natürlicher Gegebenheiten. Wegen Holzmangels bestanden ihre Wohnhütten häufig aus Knochen und Fellen erlegter Tiere. Die Menschen lebten  spartanisch und legten wenig Wert auf Aufgeräumtheit. 

zu 7.
Sie besaßen keine Metallwerkzeuge, dennoch bearbeiteten sie Steine geradezu meisterlich, wie steinerne Werkzeuge und Waffen belegen.

zu 8.
Die Jäger der Eiszeit lebten sehr wahrscheinlich auch häufig auf Bergen im Schutz der Felsen, von wo sie einen guten Überblick über ihr Jagdrevier hatten. Beim Bau ihrer Knochenhütten halfen Steine und Felswände Baumaterial sparen, sie boten Schutz und Möglichkeiten zum betreiben sicherer Feuerstellen. Fleisch und Tierhäute ließen sich auf den von der Sonne erwärmten Felsen trocknen. Trockenfleisch, Beeren, Wurzeln und Körner konnten an den Felsen in Steinmulden zerkleinert und zerrieben werden.

zu 9.
Mehr oder weniger häufige Funde steinzeitlicher Werkzeuge belegen ihre Anwesenheit von den Königshainer Bergen bis zum Schwarzwald und weit darüber hinaus. 


Folgenutzung:

Auch wenn für uns die Wahrscheinlichkeit am größten scheint, dass die Jäger der Eiszeit die Schöpfer des Götterhandphänomens waren, ist eine Nutzung durch spätere Kulturen nicht auszuschließen. Sie ist unserer Ansicht nach im Gegenteil sogar sehr wahrscheinlich.
So ist zum Beispiel für die Oberlausitz überliefert, dass die vor der Christianisierung hier lebenden Milzener, Vorfahren der Sorben, den Czorneboh (schwarzer Gott) als Frageberg bezeichneten und einer der Felsen als Fragefelsen verehrt wurde.
Um welchen Felsen es sich dabei konkret handelte ist heute umstritten. Die Einen sagen es handele sich um die Gipfelklippe, auf welcher der heutige Aussichtsturm steht, die Anderen meinen, es sie der Felsen mit dem sagenhaften Teufelsfenster gewesen.
Wir halten es für möglich, dass es sich bei dem so genannten Fragefelsen in Wirklichkeit um eines der "Sonnenbeobachtungsphänomene" gehandelt haben könnte, konkret den Teufelstisch. 
Das vermeintliche "Orakel" demnach in Wirklichkeit ein Kalender gewesen sein könnte.
Auch Legenden, wie die vom Geldkeller in Löbau, dem Schatz auf dem Oybin, dem Schatz auf dem Biehleboh und Czorneboh und dem Schatz im Valtenberg, wo sich zur Sommersonnenwende geheimnisvolle golden Grotte öffnet oder die vielen mit Felsen verbundenen Teufelssagen, die allgemein als Hinweis auf vorchristlicher Kultplätze gelten, könnten auf eine Kalendernutzung bis ins Mittelalter deuten.
Ebenfalls bemerkenswert sind Ortschaften mit dem Wort Hain im Namen, oder Jahreszeitliche Assoziationen. So befindet sich zum Beispiel bei "Lichtenhain" der "Wilde Stein" (Kuhstall) und fällt zur Wintersonnenwende das Sonnelicht gegen Mittag durch die Felsentore, steht die Sonne über dem "Winterberg".
Somit läge eine Überlieferung von den Jägern der Eiszeit über die Lausitzer Kultur bis hin zu den Sorben und deutschen Kolonisten vor (deutsche Namensgebung).
Wobei kultische Handlungen an jenen Orten und tatsächliche Orakelbefragungen bei möglichen Kalenderzeremonien durchaus zu allen Zeiten eine Rolle gespielt haben könnten.
Am Kuckuckstein in den Königshainer Bergen konnte zum Beispiel ein heute noch voll funktionstüchtiger Markenstein für den Lichtfleck gefunden werden, der aus dem Auge des adlerkopfähnlichen Felsens fällt. Was ebenfalls auf eine jüngere Nutzung schließen lässt.
Auf dem Löbauer Schafberg am Geldkelle hingegen wird das Sichtloch zur Wintersonnenwende durch die Reste eines alten Burgwalles gestört. Woraus wir schlussfolgern, dass die Bewohner dieser Burg das Objekt bereits nicht mehr zur Beobachtung der Sonne nutzten.
Es sei denn, genau an jener Stelle hätte sich ein Tor befunden, was jedoch aufgrund der  vorgefundenen großen Steinmengen wenig wahrscheinlich sein dürfte.

 

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